Systemische Paartherapie

„...Ein Miteinander zweier Menschen ist eine Unmöglichkeit und, wo es doch vorhanden scheint, eine Beschränkung, eine gegenseitige Übereinkunft, welche einen Teil oder beide Teile ihrer vollsten Freiheit und Entwicklung beraubt. Aber, das Bewußtsein vorausgesetzt, daß auch zwischen den nächsten Menschen unendliche Fernen bestehen bleiben, kann ihnen ein wundervolles Nebeneinanderwohnen erwachsen, wenn es ihnen gelingt, die Weite zwischen sich zu lieben, die ihnen die Möglichkeit gibt, einander immer in ganzer Gestalt und vor einem großen Himmel zu sehen!...“

(Aus einem Brief von Rainer Maria Rilke an Emanuel von Bodman vom 17. August 1901)

Jedes Paar durchläuft verschiedene Phasen der Paarbeziehung. Während Verschmelzung mit und gegenseitige Anpassung an den idealisierten Partner im „Zauber des Anfangs“ ein Erleben von Geborgenheit und Zugehörigkeit ermöglicht, tauchen im Laufe der individuellen Entwicklung weitere Facetten jeder Persönlichkeit auf, die das anfängliche Bild vom Partner und der Beziehung zueinander verändern.

Dies kann zu Krisen führen, in denen bisherige Gewohnheiten – die bisher Sicherheit und Voraussehbarkeit bedeuteten – nicht mehr tragen, ein oder beide Partner sich ihrer „Freiheit und Entwicklung beraubt“ fühlen und der bisherige, häufig ungeschriebene ‚Beziehungsvertrag’ in Frage steht.

„Paare sind keine Inseln,..., sondern verbunden mit vielen größeren Netzen: mit ihren Herkunftsfamilien, der Arbeitswelt, dem Gemeinwesen und mit ihrer je eigenen Kultur als Frau und als Mann.“

Dieser Satz von Rosemarie Welter-Enderlin* macht deutlich, dass die romantische Zweisamkeit ein Mythos ist. Der individuelle „Paar-Tanz“ orientiert sich an „Melodien“, die sich aus den jeweiligen persönlichen Geschichten und Lebensentwürfen ergeben und bewegt sich im täglichen Miteinander „zwischen den Polen von Bindung und Autonomie, Anpassung und Dominanz, Macht und Ohnmacht“ (ebenda*). Probleme in der Paarbeziehung werden als ‚Vorboten’ notwendiger Entwicklungsprozesse verstanden. Dies kann Themen der eigenen Biografien betreffen, gesellschaftlich geprägte Rollenerwartungen, wie auch anstehende persönliche Entwicklungen zweier eigenständiger, auf einander bezogener Individuen. In der Paartherapie findet das Paar Unterstützung bei der Klärung solcher Themen.

Wenn sich ein Paar auf die Auseinandersetzung mit alten, unerledigten Geschichten und auf neue Entwicklungen einlässt, sich gegenseitig darin wahr- und ernst nimmt, kann sich eine neue Form von Intimität (lat. intimare – erkennen und erkannt werden) entwickeln, die den Partnern „die Möglichkeit gibt, einander immer in ganzer Gestalt und vor einem großen Himmel zu sehen“.

 

Aber auch wenn sich in einem paartherapeutischen Prozess die Erkenntnis ergibt, dass die Verabschiedung aus der Paarbeziehung ein sinnvolles und stimmiges Vorgehen ist, kann die Paartherapie im Einverständnis beider Partner ein Ort sein, an dem die wertschätzende Entflechtung der Paarbeziehung und ggf. Trennung der verschiedenen Rollen als Liebespartner und Eltern gelingen kann.

*„Deine Liebe ist nicht meine Liebe“

(Herder-Verlag 1996)

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